Der Ausverkauf der Rente geht weiter

Der Ausverkauf der Rente geht weiter

Die Bundesregierung will angeblich zur Sicherung der gesetzlichen Rente an der Börse zu zocken. Sie plant laut Berichten der Tagesschau jedes Jahr für zwölf Milliarden Euro Staatsanleihen zu verkaufen und mit dem eingenommenen Geld Aktien zu erwerben. Dieser Betrag soll jedes Jahr um drei Prozent steigen. Die Spekulation lautet, dass die Rendite, welche die Aktien erbringen, über den Zinsen, die für Bundesanleihen zu zahlen sind, liegt. Es ist völlig offen, ob dabei für die Rentenversicherung am Ende ein Gewinn oder ein Verlust rausspringt.

Von Konstantin Schink
Wer auf jeden Fall große Gewinne machen wird, sind die Banken, welche dem Staat die Bundesanleihen abkaufen und die darauf zu entrichtenden Zinsen kassieren. Zur Bietergruppe Bundesemissionen gehören 32 große Banken, unter ihnen die Deutsche Bank, die Commerzbank, J. P. Morgan, die Bank of America und Goldman Sachs, die Anleihen direkt am Primärmarkt ersteigern können.

Mal unterstellt es ginge der Ampel hierbei nicht um Klientelpolitik fürs Finanzkapital, sondern tatsächlich um die Sicherung der gesetzlichen Rente: Welche Idiotie dieses Unterfangen des Generationenkapitals in dem Fall ist, wird deutlich, wenn man sich die makroökonomischen Zusammenhänge klarmacht. Jede Rentnergeneration lebt nämlich von der aktuellen wirtschaftlichen Produktion. Die heutigen Rentner leben von der heutigen Produktion und die Rentner in 50 Jahren werden von der Produktion in 50 Jahren leben. Eine Volkswirtschaft als Ganzes kann, zumindest wenn man von einer ausgeglichenen Leistungsbilanz ausgeht, nicht sparen. Dieser einfache Umstand, der auch den Vätern der Rentenreform von 1957 bekannt war, heißt nach dem deutschen Soziologen Gerhard Mackenroth Mackenroth-These.

Diese auch auf Basis dieses Theorems von der Adenauerregierung vorgenommene Reform koppelte die Renten an die Lohnentwicklung und sorgte dadurch dafür, dass die Rentner ihren Teil an der wachsenden Produktion erhielten, solange der Löhne entsprechend der Produktivitätssteigerungen angehoben wurden, was auch bis in die 70er Jahre der Fall war.

Jedes Jahr gibt es ein gewisses Wachstum der volkswirtschaftlichen Produktion. Dieses Wachstum teilt sich dann in die Rendite der Kapitaleigentümer, die Lohnsteigerungen der Arbeiter und die Steigerung der Transferzahlungen an Kranke, Arbeitslose, Rentner und andere, die sozialstaatliche Leistungen erhalten.

Wächst der Anteil an Rentnern an der Bevölkerung, dann müssen die Rentner einen größeren Anteil an der Produktion erhalten, wenn das Rentenniveau konstant bleiben soll. Ist das Wirtschaftswachstum höher als das Wachstum der Zahl der Rentner, handelt es sich bei der Rentenfinanzierung nur um einen Verteilungskonflikt zusätzlichen Einkommens. 1950 gab es laut Angaben des Statistische-Bundesamtes 5,6 Millionen Menschen, die 67 Jahre oder älter waren. Bis 2022 verdreifachte diese Zahl auf 16,5 Millionen, was einem durchschnittlichen Wachstum von 1,5% pro Jahr entspricht. Die reale Wirtschaftsleistung wuchs im gleichen Zeitraum 3,1% pro Jahr und damit deutlich stärker als Zahl von Leuten, die älter als 67 waren, die bis 2070 um 0,4% pro Jahr auf 20,4 Millionen steigen wird. Diese Zahlen zeigen uns zweierlei:

1. Der demografische Wandel schwächt sich ab. Die Zahl der Alten wird in den kommenden Jahrzehnten schwächer steigen als in den vergangenen. Der Anteil derer, die 67 oder älter sind, wuchs von 8% (1950) auf 20% (2022) und wird bis 2070 auf 27% wachsen.
2. Niemand muss ärmer werden, damit die Rente weiterhin finanziert werden kann. Ein Wirtschaftswachstum von ungefähr 1% pro Jahr ist ein realistischer Wert für ein Industrieland, den Deutschland ohne große Anstrengungen erreichen kann. Und selbst so ein niedriges Wachstum wäre zweieinhalbmal so hoch, wie das Wachstum der Leute, die 67 und älter sind.

Eine Sicherung oder gar Erhöhung des Rentenniveaus wäre also problemlos innerhalb der gesetzlichen Rente möglich. Die Regierung könnte beispielsweise den Bundeszuschuss erhöhen, Sozialbeiträge auch auf Kapitaleinkommen erheben, Beamte auch in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen oder die Beitragsbemessungsgrenze abschaffen. Der Möglichkeiten der sinnvollen Reform oder des Ausbaus der gesetzlichen Rente, an denen vor allem nicht einige wenige Großbanken mitverdienen würden, wären da viele.

Doch die Ampel plant 20 Jahre nach der Riesterrente, bei der rund jeder vierte Euro in den Taschen der Versicherungskonzerne landet, das deutsche Rentensystem noch einmal zum sprudelnden Quell privater Profite zu machen, die wir alle letztlich bezahlen dürfen.

Zum Abschluss des heutigen Beitrages möchte ich noch den jüngsten Kommentar der Ökonomin Friederike Spiecker, welche sich auf ihrem Kanal mit aktuellen wirtschaftspolitischen Themen beschäftigt, zum Generationenkapital empfehlen: SpieckersCorner: Rentenrettung durch Generationenkapital? (youtube.com)

Quellen


Wie das Rentenpaket der Ampelkoalition aussehen soll | tagesschau.de
Bietergruppe - Deutsche Finanzagentur (deutsche-finanzagentur.de)
Bevölkerungspyramide: Altersstruktur Deutschlands von 1950 - 2070 (destatis.de)
Bruttoinlandsprodukt von 1950 bis 2022 im Durchschnitt 3,1 % pro Jahr gewachsen - Statistisches Bundesamt
Riester: Viel Gebühren, wenig Rente


25.03.24
Konstantin Schink (geboren am 8. November 2001) machte 2021 in Niedersachsen Abitur. Aktuell studiert er VWL und Politik im 2-Fach-Bachelor und betreibt die YouTubekanäle ,,Agitator der sozialen Marktwirtschaft" und ,,Die sekundäre Agitation"."
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